Die nacheiszeitliche Küstenentwicklung hängt stark von der morphologischen Vorprägung des Geländes durch Schmelzwasserrinnen, Förden und Geschiebeablagerungen ab. Vor 9.000 Jahren lag der Meeresspiegel weit unter -30 Metern, je nach Autor. Der Meeresspiegel stieg zuerst rasch, bis ca. 6.000 BP, auf wenige Meter (-3 bis -5 m) unterhalb des heutigen Meeresspiegels an. Der Anstieg verlangsamte sich anschließend und um Christi Geburt lag der mittlere Meeresspiegel fast auf heutigem Niveau. Anschließend kam es zu positiven und negativen Meeresspiegelentwicklungen. Der sichtbare Meeresspiegelanstieg zu Ende der Eiszeit beruht dabei auf dem Abschmelzen der Inlandeismassen ebenso wie der heutige beschleunigte Meeresspiegelanstieg durch die Erderwärmung sowie durch die Ausdehnung der Wassermassen aufgrund einer Temperaturerhöhung.
Meeresspiegelanstiegskurve (aus Niedermeyer et al. 2011):
Die Küstenlinie lag vor 2.000 – 3.000 Jahren teilweise vor der heutigen und teilweise aber auch hinter der heutigen Küstenlinie. Dies ist einerseits durch den Rückgang der Kliffs gegeben, andererseits durch Sedimentation von Nehrungen und Strandwällen. Die Kliffs und der Vorstrand liefern dabei das Material für den Aufbau dieser sogenannten Ausgleichsküste. Die folgende Abbildung zeigt schematisch diese Sedimenttransportrichtungen. Seit Mitte des 19 Jahrhunderts begann der Mensch dann mit Küstenschutzbauten wie den Deich in der Probstei, Barsbeck, Wisch, Wendtorf in das Geschehen einzugreifen. Teilweise wurden die Deiche auf Strandwällen errichtet und damit der natürliche Sedimenttransport verändert. Auch kamen schon Buhnen zum Einsatz.
Entwicklung der Küstenlinie von vor ca. 2.000 – 3.000 Jahren bis heute sowie Angabe der Sedimenttransportrichtungen (verändert und ergänzt nach STERR 1991):
Im Jahre 1878 wurde die deutsche Ostseeküste erstmalig komplett vermessen. Auch wenn die Technologie nicht mit der modernen Aufnahme der Küstentopographie standhalten kann, so sind die Vermessungsergebnisse für eine Analyse der Küstenlinienveränderung von grundlegender Bedeutung. Die folgenden Abbildungen zeigen die Veränderung der Küstenlinie zwischen 1878 und 2010 am Beispiel Eckernförder Bucht und Ostholstein. Diese liegt für die gesamte Ostseeküste vor. Deutlich wird, dass es mehr Erosionsbereiche als Anlandungsbereiche gibt. Die Anlandungsbereiche in urbanen Gebieten sind keine echte Anlandung sondern eine seeseitige Verschiebung der Küstenlinie durch Hafenbauten und Eindeichungen und können somit nicht den natürlichen Prozessen zugerechnet werden.
Die Veränderung der Uferlinie von 1878 bis 2010 am Beispiel Eckernförder Bucht (nach Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein, LKN-SH 2017):
Die folgende Abbildung zeigt die Küstentopographie der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste am Beispiel Howacht aus den Jahren 2015-2016. Diese Topographie wurde aus Laser-Scan Daten erstellt und hat ein horizontales Raster von 1 x 1 m Land-Meer übergreifend mit einer vertikalen Auflösung von wenigen Zentimetern und liegt für die gesamte Ostseeküste vor. Die Daten wurden dankenswerter Weise vom LKN zur Verfügung gestellt.
Küstentopographie für die Jahre 2015/2016 am Beispiel Howacht
Literatur
LKN: Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein, (https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/LKN/lkn_node.html)
Niedermeyer, R.O.; Lampe, R.; Janke, W.; Schwarzer, K.; Duphorn, K.; Kliewe, H. & F. Werner (2011) : Sammlung Geologischer Führer, 105
Sterr, H. (1991) : Natürliche und anthropogene Prozesse der Küstengestaltung an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins. Wasser & Boden, H.1/91